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01.02.2022
Philipp

Karibu Kenia 🇰🇪

Tag 21 · Abschied
Und dann war er schon da, der letzte Tag. In den drei Wochen fühlten wir uns wie zu Hause im run2gether Camp. Wir sind gekommen, um von der Höhe zu profitieren, um schneller zu werden, aber auch um eine neue Kultur und den Running Spirit der KenianerInnen kennenzulernen. In den drei Wochen konnten wir über 500 Kilometer, 6000 Höhenmeter und ein paar Stunden Krafttraining (eher nicht so ihr Ding) sammeln. Der dreiwöchige Fokus nur aufs Laufen war ein interessantes Erlebnis, dass uns hoffentlich auch physisch weiterbringen wird. Um unseren Aufenthalt noch würdig zu beenden, haben wir den letzten Tag mit einem Longjogg um 6:30 Uhr in der Früh begonnen. Er führte uns noch einmal durch die Felder von Kiambogo, hinauf zur Kenton Hügelkette, über ein paar Trails zum Aussichtspunkt und gemütlich über die holprigen Strassen zurück ins Camp.

Ohne OL-Input konnten wir die KenianerInnen natürlich nicht verlassen, weshalb wir am Nachmittag die «ersten internationalen run2gether orienteering camp champs» auf der von uns aufgenommen Karte organisierten. Nach einem kurzen Crash Kurs im Aufenthaltsraum haben sich alle voller Vorfreude auf dem Vorplatz eingefunden – sogar auch noch die Sonne! Mit viel Motivation, Ehrgeiz und nicht immer der ganz korrekten Postenabfolge absolvierte das ganze Camp von den Juniors bis zum Staff die Camp Champs. Beim Erstellen der Rangliste wünschten wir uns das SI-Set herbei, war es trotz Kontrollen im Gelände nicht ganz einfach, die korrekt gelaufenen Personen zu bestimmen. Wer war noch einmal die junge Frau im «weissen» Pullover? Nicht zu vergessen, dass alle ca. drei Namen und noch etliche Spitznamen hatten. Auf jeden Fall gab es zum Schluss eine Siegerin sowie einen Sieger und viel Applaus.

Mit etwas Wehmut verliessen wir unser temporäres «zuhause» und unsere Laufbuddies, mit denen wir viele lustige und interessante Diskussionen über das Leben geführt haben. Mit den letzten Mandasi als Reiseverpflegung im Gepäck ging es zurück über die holprige Strasse zum Flughafen. Wie schon die Hinfahrt, war auch diese abenteuerlich. Aber wir genossen das Hin- und Hergeschaukle ein letztes Mal ;)

Asante sana und vielleicht bis im nächsten Jahr!

Orienteering Camp Champs zum Abschluss
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...sowie der morgendliche, allerletzte, Lauf der drei Wochen
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Tag 18 · Chapati-Tag
Kulinarisch wurden wir von den beiden Camp-Köchen James und John verwöhnt. In zwei riesigen Töpfen kochten sie für ca. 60 Personen das Essen im Holzherd. Der Essensplan sah jede Woche ähnlich aus. Zum Frühstück gab es, wie schon erwähnt, den traditionellen Chai Tee mit Milch, Süsskartoffeln, Pfeilwurzeln und/oder Toastbrot. Das Mittagessen war oftmals ein Eintopf mit Kartoffeln, Bohnen in allen Variationen und Maiskörnern. Am Abend erhielten wir meist Ugali, ein kenianischer Maisbrei, mit Sukuma Wiki. Die AthletInnen konnten Unmengen davon essen – «This makes you strong». Es dient ihnen auch als Vorwettkampfnahrung am Vorabend eines Laufs. Wenn der Wettkampf am Vormittag stattfindet, brauchen sie danach abgesehen von ihrem Chai Tee nichts mehr.

Einmal pro Woche gab es Mokimo, ein traditionelles Essen aus Kiambogo. Es ist eine Art Kartoffel- und Erbsenstock mit Tomaten-Zwiebel-Salat (Kachumbari), Kraut und Sukuma Wiki. Zu diesem Gericht kochen sie entweder Omena, das sind kleine frittierte Fische, oder etwas Fleisch. Ansonsten ernähren sie sich im Camp ausschliesslich vegetarisch. Das beliebteste Essen war aber Chapati. Üblicherweise essen sie Chapati zu Weihnachten, weshalb zweimal pro Woche Weihnachtsstimmung im Camp aufkam ;)

Die Chapati-Produktion, eine Art Fladenbrot, beginnt nach dem Frühstück. Ein einfacher Teig aus Mehl und Wasser wird von Hand geknetet und in 150 gleichgrosse (und ja, James formte diese wirklich alle gleichgross!) Stücke geteilt. Danach werden die Stücke ausgerollt und über dem Feuer auf einer Platte in Fett angebraten – Drehen nicht vergessen! Vor allem Laura wurde schon bald zur Stammhelferin. Der leichte, rauchige Geruch der Kleider nach dem Helfen wurde mit den ersten Chapatis zum Naschen am Nachmittag entschädigt. Neben Chapati lernten wir auch Kenyan Cake backen. Mandasi ist sehr lecker, aber eher ein Krapfen als ein Kuchen. Klar, dass wir am Geburtstag von unserem Laufbuddy einen European Cake zur allgemeinen Verkostung backen mussten. Ein simpler Bananenkuchen aus der Pfanne sollte es werden, denn einen Ofen kennen sie nicht. Ganz so einfach war es dann doch nicht. Andere «Pfannen», ein Gasherd und eine Feuerstelle standen uns zur Verfügung. Etwas zerfledert, teilweise leicht angebrannt, aber mit viel Liebe verziert und angepriesen, freuten sich das Geburtstagskind über den Kuchen. So konnten auch wir ein kleinwenig unserer Essenskultur nach Kenia bringen.

Der wöchentlich gleichbleibende Menuplan
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Chapati-Produktion
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Tag 14 · Mount Longonot
Jeden Tag beim Aufstehen schweift der Blick aus dem Fenster auf den Krater, der auf der gegenüberliegenden Talseite markant dasteht. In den 1860ern letztmals ausgebrochen, ist der Mount Longonot das Markenzeichen der Region. Der gleichnamige Nationalpark dehnt sich über eine Fläche von 52 Quadratkilometern aus.

Wir liessen es uns nicht nehmen, diesen Krater laufend zu erkunden. So ging es vom Eingangstor (Unterschied Eintrittspreis Tourist – Einheimische: Faktor neun) hoch auf den Rand des Kraters und von da an einmal kreisrund herum. Wunderschöne Trails führten uns zwischenzeitlich auf 2780 m ü. M., immer mit Ausblick auf das Umland sowie den bewaldeten Kraterboden. Teilweise waren die Wege steil und technisch anspruchsvoll, fast wie bei uns in den Bergen. Dies sind wohl die wenigen Abschnitte, auf denen wir gegenüber den Kenianern leichte Vorteile haben. Die Tierwelt ist nicht ganz so (offensichtlich) präsent wie an anderen Orten. Dennoch bekamen wir eine Giraffe, Büffel und Gazellen zu sehen. Zurück ins Camp ging’s mit dem Jeep, über die gewohnt ruckeligen Strassen. Ein (Fahr-)Gefühl, dass wir zu Hause definitiv vermissen werden.

Wie der Samstag standardmässig Longrun-Tag ist, wird am Sonntag ebenso traditionell nichts trainiert. Die Läuferinnen besuchen ihre Kirche, waschen die Schuhe (ja, richtig gehört: Und die sind nie so schmutzig wie nach einem OL. Wer von uns wäscht die schon regelmässig?) – und natürlich gilt der Fokus auch der Erholung. Denn spätestens am Sonntagabend, wenn der Coach den Trainingsplan auf die Tafel schreibt, ist die nächste Trainingswoche nicht mehr weit.

Aussicht über den Krater
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Der höchste Punkt
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Tag 10 · Trainingsphilosophie
Im Grunde trainieren die Kenianer die gleichen Trainingsformen wie wir. So gibt es jede Woche mindestens ein Intervall, eine etwas zügigere Einheit (Tempo-Dauerlauf, Fahrtspiel) und einen Longjogg. Daneben noch einige gemütlichere Läufe wie z.B. die traditionellen «morning runs» um 06:00 Uhr, um auf eine stattliche Anzahl Kilometern zu kommen. Was viele Trainings gemeinsam haben: gegen Ende wird das Tempo gesteigert. Während bei uns eher das Gesamtpaket der Trainings angeschaut wird, haben sie hier teilweise ganz konkrete Vorstellungen, was Ihnen welche Trainings bringen. Die Fahrtspiele beispielweise dienen dazu, in Wettkämpfen die Tempoverschärfungen der Gegner mitgehen zu können. Die Temposteigerungen im Verlaufe des Trainings sind Vorbereitung für die letzten Kilometer eines Rennens. Ebenfalls spannend: Eine individuelle Schrittlänge sucht man hier vergebens, es wird fortan versucht, den Schritt und Rhythmus des Vorläufers abzunehmen. Sieht ziemlich eindrücklich aus, dieses synchrone Laufen.

Trainiert wird auf den vielen, etwas unebenen, Lehmstrassen. Für Hügelläufe gibt’s dieselben in steil, für Bahnintervalle steht eine eigene 400m-Bahn mit Sand/Kies-Unterlage zur Verfügung. Was trainiert wird, schreibt der Coach vor (WM 4. über 10’000m in Tokio 1991, PB: 27:28) und steht jeweils anfangs Woche auf einer Kreidetafel. Das Programm wird jedoch laufend angepasst (optimiert), so können aus 25’ Hügelintervallen auch mal 75’ werden.

Das Highlight der laufenden Woche war für die LäuferInnen der Selektionslauf für den Mt. Kenya Berglauf, der Ende Monat stattfindet. Auf einer Strecke von 10 km und rund 600 Höhenmetern wurden die Plätze dafür vergeben. Ergebnis des Selbstversuches: 39 Herren am Start, 35 beendeten das Rennen, Position des Schreibenden: 34. Es gibt also noch einiges zu trainieren.

Laufbahn in Longonot
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Der Trainingsplan
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Start zum Berglauf (sobald die Strecke dann mal frei war...)
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Tag 7 · Zoo in Echt
Plötzlich ragt ein brauner Schädel aus dem Wasser, dann noch einer. Ohne genau zu wissen, was uns da an Flora und Fauna erwartet tuckern wir zusammen mit dem Camp-eigenen Safari-Guide mit dem Boot über den Lake Naivasha. Der See nordwestlich von Longonot war Ziel des morgendlichen Longruns und ist eines der wenigen stehenden Gewässern, das sich wieder ausbreitet. Zu sehen gab’s nicht nur Hippos (die braunen Schädel, siehe unten), sondern auch Pelikane, Fischadler, Kormorane und etliche weitere Vögel.

Die Tierwelt ist aber noch deutlich vielseitiger hier. Viele Arten bekamen wir gar nicht zu Gesicht, wie z.B. die grossen Schlangen, die im See leben. Andere liessen sich auf dem Land sichten: Zebras, Gnus, Impalas, Affen, Wasserböcke, Warzenschweine oder Giraffen. Eine solche stand nach einer Kurve im Hells Gate Nationalpark plötzlich 20 Meter vor uns – wie im Zoo, einfach ohne Zaun dazwischen.

«Hells Gate», der Name des Nationalparks, stammt von den geothermisch sehr aktiven Quellen im Gebiet. Es war der krasse Gegensatz zu den eindrücklichen Landschaften und der einzigartigen Tierwelt auf den ersten Kilometern des Parkes. Schlagartig wechselte die Kulisse zu Kilometern von Gasleitungen, ohrenbetäubendem Lärm und dampfenden Anlagen für die Stromerzeugung hier und dort. Stolz sind die Kenianer auf beides, die Tierwelt wie auch die Geothermie. Für unsere Begleiter wie auch die unzähligen Schulklassen auf ihrem Ausflug waren letztere weisse Dampfsäulen aus dem Boden definitiv das beliebtere Fotosujet.

Zwei junge Hippos beim Kräftemessen
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Teil 1 des «Hells Gate» Nationalparks: Tiere wie diese Giraffe
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Teil 2 des «Hells Gate» Nationalparks: Geothermie überall
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Tag 5 · Akklimatisieren
Es dauere mindestens fünf Tage, ehe man sich an die Höhe hier gewöhnt habe. Während die 2'400 m ü. M. für uns meistens eher Ziel eines Berglaufs oder Zwischenziel eines Trailruns sind, bedeuten sie hier die Basis für alle Trainings. Somit gingen wir die ersten Tage sehr gemütlich an, mit spazieren, gefühlt spazieren (dazu später mehr) und auch entsprechend wenigen und tendenziell kürzeren Einheiten.

Somit blieb viel Zeit fürs Erkunden des Camps, für nette Gespräche mit den Athletinnen und Athleten sowie den Angestellten und das Kennenlernen der kenianischen Gewohnheiten. Das Leben ging auch weiter, als der Strom einmal für etwas mehr als 24 Stunden ausfiel. Nun, einzelne Athleten gingen ihr Handy dann trotzdem bei Bekannten in der Nähe aufladen... Kulinarisch wurden wir trotz fehlendem Strom nicht enttäuscht, gekocht wird hier ausschliesslich mit Feuer – und das sehr lecker und abwechslungsreich. So gibt’s auch mal Süsskartoffeln zum Frühstück oder Gemüse zusammen mit Bananen zum Mittagessen. Donnerstags und sonntags wird jeweils Chapati serviert, eine Art Fladenbrot (siehe Foto unten). Die Athleten lieben es, wir auch – und wir haben gleich mitgeholfen.

Aber zurück zum Training: Wenn die Kenianer schnell trainieren, dann ist es wirklich schnell. Irgendwo her müssen die schnellen Zeiten (10 km unter 30 Minuten laufen hier praktisch alle) ja kommen. Ein Beispiel: 15 x 400 m mit jeweils 50 m Trabpause in 61-62 Sekunden - «Don’t try this at home!». Langsam heisst dafür aber auch wirklich laaangsam. So gemütlich, dass es sich schon bald wie spazieren anfühlt – aber eben nur fast. Eines der Highlights der vergangenen Tage war der Besuch des Kinale Waldes. Mit Grasboden sowie ohne Fallholz und anderweitiger Mittellandvegetation definitiv keine schlechte Wahl für einen OL – aber seht selbst:

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Anreise · Karibu Kenia
«Experience the Kenyan way», haben wir vor unserer Abreise mal gelesen. Keine vier Stunden nach der Ankunft hat sich dies bereits in verschiedenster Art und Weise bestätigt. Aber der Reihe nach: 90 Minuten und etliche geprüfte Dokumente später haben wir aus dem Flughafen in Nairobi (endlich) herausgefunden. Immerhin fühlte man sich während der Warterei schon ganz Willkommen – wird man von Polizisten und Grenzbeamten doch schon von Beginn weg mit dem Vornamen angesprochen.

Abgeholt wurden wir von Stephen und Githuku (Zitat: «Es ist kalt hier in Nairobi» / Anm. der Redaktion: 19°C kurz vor Mitternacht). Danach folgte eine unvergessliche Fahrt mit dem Jeep (für den Fahrzeugtyp gibt’s gute Gründe) ins Camp. Es wird gefahren, wie und wo es gerade geht. Einen Dreifachkreisel in bester Max Verstappen-Manier effizient schneiden: check. Eine vierte Spur über die löchrige Baustelle eröffnen: kein Problem. Der Blinker bei unserem Jeep hat seinen Zweck erfüllt (und der Fahrer diesen, im Gegensatz zu den meisten anderen Verkehrsteilnehmern, auch betätigt), anderes schien eher schlecht als recht zu funktionieren. Dass die Tankanzeige von Beginn weg ganz unten war, störte uns nach einigen Minuten nicht mehr. Mehr Sorge machte das Fernlicht, dessen Unterschied zum Abblendlicht eigentlich nur auf der Armaturenanzeige sichtbar war. Irgendwie haben wir aber auch die unzähligen Kilometer «road under construction» mit gefühlten 20m Sicht ohne Zwischenfälle überlebt. Den Nutzen eines geländegängigen Fahrzeugs bekamen wir dann auf den letzten 10% der Strecke (aber nicht der Fahrzeit) mit: Wenn es einem sogar bei solch einem Gefährt noch in alle Richtungen wirbelt (siehe Aufnahme unten), weiss man mit was für einem Untergrund man es zu tun hat.

Angekommen sind wir schlussendlich tadellos. Es gab eine erste kenianische Mahlzeit und lokalen Tee mit zwei gut gefüllten Esslöffeln Zucker pro Tasse. Stephen fuhr nach Hause und auch Githuku verabschiedete sich auf den Heimweg. Sie beide wohnen, im Gegensatz zu den meisten anderen Athleten hier, nicht im Camp. 1.6 km waren es für ihn noch zu laufen, «no problem» wie er meinte. «The kenyan way» eben...

>>> The bumpy ride

Karibu Kenia 🇰🇪